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Die fünf Elemente in der Pflanzenheilkunde und im Menschen

In vielen traditionellen Heilweisen, darunter Ayurveda, TCM und die europäische Humoralpathologie, spielen die vier/fünf Elemente eine zentrale Rolle. Sie helfen uns, die Wechselwirkungen zwischen Mensch und Natur zu verstehen – und damit auch, wie wir Heilkräuter gezielt für unser Wohlbefinden einsetzen können.

Die fünf Elemente und ihre Bedeutung

Die fünf Elemente – Erde, Wasser, Feuer, Luft und Äther – sind nicht nur Bausteine der Natur, sondern auch Prinzipien, die in unserem Körper und Geist wirken. Jedes Element steht für bestimmte Eigenschaften und kann durch entsprechende Heilpflanzen gestärkt oder ausgeglichen werden.

1. Erde – Stabilität und Struktur

  • Eigenschaften: schwer, fest, nährend, stabil
  • Im Körper: Knochen, Gewebe, Immunstärke
  • Typische Ungleichgewichte: Trägheit, Schweregefühl, Antriebslosigkeit, Schleimbildung
  • Passende Heilkräuter: Beinwell (regt Heilungsprozesse im Knochengewebe und Halteapparat an), Eichenrinde (festigt und adstringiert)

Heilpflanzen können dem Element Erde auf zwei Weisen zugeordnet werden: Körperbezogen und Energetikbezogen. Körperbezogene Erd-Pflanzen beziehen sich auf die Stabilitäts- und Strukturelemente des Körpers, also Knochen, Bindegewebe, Knorpel und zu einem gewissen Teil auch das Immunsystem. Ein gutes Beispiel ist der Beinwell. Sein „Handlungsbereich“ sind die Knochen, Sehnen und Bänder. Er sorgt dafür, dass Knochenbrüche schneller zusammenwachsen (Bein= Knochen, Well= wallen, zusammenwachsen).

Energetikbezogene Erd-Pflanzen stabilisieren und strukturieren Gewebe, die instabil und unstrukturiert sind, z.B. bei einer Schwellung. Die Eichenrinde ist hier ein gutes Beispiel. Ihre Gerbstoffe sorgen dafür, dass die Eiweiße im Gewebe dichter zusammengezogen werden und das Gewebe dadurch stabiler wird. Die Schwellung nimmt ab. Also fügt die Eichenrinde einem Gewebe, dem die Erde=Stabilität fehlt, diese hinzu. Das Gewebe stabilisiert sich und kann wieder normal arbeiten.

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Photo by Nicolas Postiglioni on Pexels.com

2. Wasser – Fluss und Emotionen

  • Eigenschaften: kühlend, feucht, geschmeidig, verbindend
  • Im Körper: Schleimhäute, Lymphe, Niere-Blase
  • Typische Ungleichgewichte: Wassereinlagerungen, Lymphstau, übermäßige Emotionen
  • Passende Heilkräuter: Brennnessel (entwässernd), Malve (befeuchtend und schützend), Ringelblume (fördert den Lymphfluss)
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Photo by Rifqi Ramadhan on Pexels.com

Heilpflanzen des Wassers wirken vor allem auf die wässrigen Ausscheidungsorgane (Niere und Blase), die Lymphe (und damit indirekt auch auf das Immunsystem) und die Schleimhäute. All diese Organe und Gewebe haben auf die eine oder andere Art und Weise mit den Wassern des Körpers zu tun.

Brennnessel regt v.a. als Tee die Nierentätigkeit an und sorgt so für vermehrten Harnfluss, sie entwässert. Durch den vermehrten Harnfluss werden Niere und Blase „durchgespült“, also lokal befeuchtet. Für den ganzen Organismus bedeutet der Harnverlust jedoch eine systemische Austrocknung, weil das Wasser in Form von Harn den Körper verlässt. Brennnessel befeuchtet lokal Niere und Blase, wirkt auf das ganze System aber austrocknend.

Die Malve mit ihren Schleimstoffen ist auch eine Wasser-Pflanze, wirkt aber völlig anders. Ihr Zielgewebe sind die Schleimhäute. Wenn Schleimhäute austrocknen, werden sie gerötet, empfindlich und schwellen an. Sie können ihre Schutzfunktion nicht mehr ausführen. Ein trockener Husten entsteht, wenn die Schleimhäute des Halses austrocknen und anschwellen. Es fühlt sich heiß und trocken an. Ein lokaler Überschuss an Feuer besteht. Die Malve bringt mit ihren Schleimstoffen Linderung, indem sie kühlt und befeuchtet. Die Schleimstoffe übernehmen für kurze Zeit die Aufgabe der Schleimhaut und regen so die Regeneration des natürlichen Schutzfilmes aus Schleim an. Die Rötung geht zurück, das Gewebe schwillt ab. Das Feuer der Entzündung wird durch das Wasser der Malve gelöscht.

Auch die Lymphbahnen des Körpers gehören zu den Organen des Wassers. Im Gegensatz zu den Blutbahnen haben sie kein Antriebssystem (Herz), das sie in Bewegung versetzt. Die Lymphe ist passiv und bewegt sich nur, wenn der Körper sich bewegt, z.B. beim Yoga. Daher kann es passieren, dass die Lymphe stagniert und die Immunzellen, die per Lymphe zirkulieren nicht mehr an den Ort im Körper gelangen, wo sie gebraucht werden. Die Stagnation ist ein Überschuss an Erde im Lymphsystem. Die Ringelblume bringt durch ihr Feuer Wärme in die Lymphe und die Stagnation löst sich auf. Das überschüssige Wasser wird über die Nieren ausgeschieden.

Wenn Emotionen nicht zugelassen werden (v.a. Angst, Wut, Trauer), können sie im Körper verbleiben und sich dort anstauen. Mit Blütenessenzen können solche Anstauungen gelöst und herausgeweint werden. Auch das gehört in den Bereich des Wassers, denn Emotionen sollen Fließen, auch in Form von Tränen.

Mehr über Erde und Wasser findest du in diesem Artikel.

3. Feuer – Transformation und Energie

  • Eigenschaften: heiß, scharf, leicht, dynamisch
  • Im Körper: Verdauung, Stoffwechsel, geistige Klarheit
  • Typische Ungleichgewichte: Übersäuerung, Entzündungen, Gereiztheit
  • Passende Heilkräuter: Ingwer (wärmend und verdauungsfördernd), Schafgarbe (entzündungshemmend), Pfefferminze (kühlend und ausgleichend)
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Photo by Oussama Elhaidi on Pexels.com

Im Ayurveda gibt es einen Begriff für das Verdauungsfeuer: Agni. In dieser Vorstellung haben wir ein Feuer in unserer Verdauung, das unsere Nahrung verbrennt und als Energie für die verschiedenen Gewebetypen des Körpers verfügbar macht. Durch ungeeignete Ernährung kann dieses Feuer erlöschen und Gärungsprozesse setzen ein. Diese bilden Ama, was am ehesten mit Stoffwechselresten oder unverdauter Nahrung zu übersetzen ist. Es ist also unsere Aufgabe, durch geeignete Pflege unseres Verdauungsfeuers unseren Stoffwechsel geschmeidig zu halten. Ein Ingwertee vor dem Essen kann das Agni anfeuern. Auch wärmende Gewürze, wie Zimt, Koriander, Pfeffer, Chili (eigentlich alle Küchengewürze) helfen bei der Verdauung. Kalte Getränke zum Essen können hingegen das Agni löschen, was zur Produktion von Ama führen kann. Ein gut funktionierendes Agni sorgt auch für klare Gedanken und ein frohes Gemüt.

Agni und damit das Stoffwechselfeuer kennt der Ayurveda nicht nur im Verdauungstrakt, sondern in kleinerer Form in jeder Zelle. Jede Zelle verstoffwechselt Moleküle zu Energie und produziert dabei Abfall (Ama). Stoffwechselt die Zelle zu schnell oder kann das Ama nicht ausreichend abtransportiert werden, entstehen Entzündungen. Entzündungen sind also nicht das Problem, sondern nur das Symptom des Problems. Don’t shoot the messenger! Je nachdem was der Entzündung zugrunde liegt, können hier verschiedene kühlende (den Stoffwechsel bremsende) oder anregende (den Abtransport von Ama beschleunigende) Kräuter helfen. Gereiztes Gewebe kann auch von Schleimstoffpflanzen profitieren.

Mehr über das Feuer kannst du in diesem Artikel nachlesen.

4. Luft – Bewegung und Leichtigkeit

  • Eigenschaften: trocken, leicht, beweglich, veränderlich
  • Im Körper: Nervensystem, Atmung, Gelenke
  • Typische Ungleichgewichte: Nervosität, Verdauungsprobleme, Unruhe
  • Passende Heilkräuter: Melisse (beruhigt das Nervensystem), Fenchel (entspannend für den Darm), Thymian (unterstützt die Atemwege)
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Photo by Miguel Á. Padriñán on Pexels.com

Die Luft kontrolliert die Bewegung im Körper und des Körpers. Daher gehören auch die Gelenke zum Luft-Prinzip. Ein zu viel oder zu wenig an Bewegung lässt sie steif und unbeweglich werden.

Aber auch die Kommunikation im Körper durch die Nerven und das Hormonsystem gehört zum Prinzip Luft. Ein zu viel nennen wir heute Stress. Er kann durch zu viele Menschen, Aufgaben und vieles mehr ausgelöst werden. Auch Stress ist ein Symptom, nicht das Problem. Erdende Praktiken, wie Yoga, eine nährende, langsame Ernährung mit viel Wurzelgemüse und wärmenden Kräutern, sowie beruhigende Heilpflanzen, wie Melisse und Lavendel erden und beruhigen ein zu viel an Luft.

Ein zu viel an Luft im Darm kann auch unangenehm sein und ist wieder nur ein Symptom. Besonders häufig tritt s auf, wenn wir gestresst und aufgeregt und schnell was „zwischen die Kiemen schieben“ oder bei Frittiertem. Hier kommt unser Agni aufgrund von zu viel Luft ins straucheln. Denn wer verdauen will, muss entspannt sein. Unter Druck hat der Körper nicht genug Blut, um den Verdauungstrakt ausreichend zu versorgen, denn er braucht das Blut im Gehirn und den Muskeln. Ein ruhiger Moment zum Essen und ein beruhigender Kamillen- oder Fencheltee dazu können hier Wunder wirken.

Die Atemwege sind auch Organe der Luft. Logisch. Durch sie strömt Luft in unseren Körper. Wenn aufgrund einer Erkältung zu viel Erde und Wasser in Form von festsitzendem Schleim die Atmung behindert (Symptom!), kann der Thymian mit seiner Feuerkraft (=den scharfen ätherischen Ölen) den Schleim auflösen und das abhusten erleichtern.

5. Äther – Raum und Bewusstsein

  • Eigenschaften: fein, subtil, durchdringend
  • Im Körper: Bewusstsein, Intuition, Verbindung zwischen Körper und Geist
  • Typische Ungleichgewichte: Zerstreutheit, mangelnde Erdung, Schlafprobleme
  • Passende Heilkräuter: Lavendel (fördert geistige Klarheit und Entspannung), Weihrauch (stärkt die Meditation), Alant (öffnet den Atemraum)
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Photo by Landiva Weber on Pexels.com

Unser Körper besteht nicht nur aus Materie. In ihm herrscht eine übergeordnete Intelligenz. Bewusstsein, Seele, Aura,… All das sind Worte für etwas, was Worte nicht beschreiben können. Der Äther durchdringt alles und verbindet die tote Materie mit etwas, was sie lebendig macht.

Hier kommen wir in den Raum der Spiritualität. Denn wir Menschen sind mehr als Roboter in einem Fleischanzug. Die Psyche leidet, wenn der Sinn fehlt. Eine Depression kann dafür der Ausdruck sein. Aber auch eine gewisse Zerstreutheit, ein sich im Körper nicht wohlfühlen oder den Körper ablehnen ist ein Symptom von fehlendem Äther.

Klassische Räucherpflanzen, die mit dem Heiligen und Reinen in Verbindung stehen, wie Weihrauch, Lavendel, Weißer Salbei, Beifuß, Sage, Alant, Fichtenharz und viele weitere können uns hier helfen, wieder in den Körper zu finden. Zusammen mit einer Yoga- oder Meditationspraxis und einer sinnvollen Tätigkeit oder Aufgabe können sie uns durch ein fruchtbares und gelungenes Leben führen.

Heilkräuter nach den Elementen gezielt einsetzen

Wenn du Heilkräuter nach ihrer energetischen Qualität auswählst, kannst du sie gezielt für dein Wohlbefinden nutzen. Ein Beispiel: Bei einer feucht-kalten Erkältung mit Schleimbildung helfen feurige Kräuter wie Ingwer oder Thymian, um die Feuchtigkeit auszutrocknen und Wärme zu erzeugen.

Die fünf Elemente bieten eine wunderbare Möglichkeit, dich tiefer mit der Natur und ihrer Heilkraft zu verbinden. Spüre in dich hinein: Welches Element braucht gerade mehr Balance in deinem Leben?


Nächster Artikel:Das Kapha-Dosha: Erde & Wasser in Balance bringen

2 Gedanken zu „Die fünf Elemente in der Pflanzenheilkunde und im Menschen“

  1. Pingback: Pitta-Dosha: Dein inneres Feuer ins Gleichgewicht bringen – Kräuter und Seele – Stefanie Lunz

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